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∞ /notes/brief-eines-stuermers-und-draengers | 2000-09-08 | geschreibsel
Dies Zimmer! Nichts ists als dies Zimmer! das mein Herz just nun erfuellet. Dies Zimmer ists, welches mir - wenngleich bislang nur vorm Geiste - mein Ruhen hier versuesset.
O lieber Henry! wie sehr ich mich doch sehne, dies hier alsbald all zu erneuern. Schwer ruhet der Staub von drei Generationen auf diesem Schreibtisch, welcher in seiner Klotzigkeit ach! - mir alle Luft zum Atmen nehmet. Es passt nichts zu keinem, und diese Unruh' immerzu verwehrt mir selbst zu Haus' nun wahre Rast. So muss es sein! und lebendig gleich frommen Honigbienen schwirren die Visionen - von Tischen, Betten und von Stuehlen - mir um den gar verworrnen Geiste, der sich buckelt und gar muehet: zu finden eine Ordnung der Gedanken, der Schraenke, Teppiche und Lampen. Dies - so will ich meinen - ist wohlgar von Noeten, zu schildern dir dies Zimmer! dies Zimmer, wie ichs mir wuensche, wie ichs ertraeume. Platz zur Arbeit! den brauch' ich ganz gewiss, doch da mir Platz im Allgemeinen uebermaessig nicht gegeben ist, muss eine Ecke wohl genuegen, den Tische dort zu stellen. Doch O - wie wird mein Herz wohl danach schreien - bei Arbeit und bei sonst'ger Tat - zu schweifen mit dem Blicke sehr, bald in den Raum, bald auch hinaus. Doch werd' ich ruhen koennen wohlig? Wird nicht die Wand, die beginnt sogleich schon vor der Stirne, nicht nur das Aug', auch den Geist behindern bei dem Blicke? So ists auch gar kein richt'ges Bild (von diesem Raume), die Stimmung ists! die Atmosphaere! wie sie herrschen wuerde dort, sie ists, die mein Herz laesst flammen und ruhen doch zugleich. Ruhig ists! und klar! Doch wie? - wie? - frage ich dich - wie ists anzupacken, dies subtile Regen des Herzens zu verwirklichen in dieser Welt? Besinnen muss ich mich - und zeichnen, zu geben den Gedanken Platz - sogleich solls sein! Eine Deutsch - LK Hausaufgabe zur "Werther" - Besprechung, 1997 Fabian Steeg